Es stimmt, die Preise vieler edler Youngtimer sind angestiegen. Das zeigen u.a. meine Marktpreisanalysen, zum Beispiel für den Mercedes W140 oder den Jaguaryoungtimer-preise.de X308. Es gibt aber auch eine andere Seite des Marktes: Oberklasse-Youngtimer der frühen 90er, die der Markt noch nicht entdeckt hat und die für (vergleichsweise) wenig Geld zu haben sind.
Um es ganz konkret zu machen: Suchen wir nach Modellen mit folgenden Kriterien…
- Oberklasse-Youngtimer der frühen 90er (der sich damit für das H-Kennzeichen qualifiziert),
- mit geringer Laufleistung (sagen wir deutlich unter 150.000 km) und gutem Pflegezustand,
- und einem Preisniveau unter 8.000 Euro.
Wenn man eine Weile sucht, gibt es eine ganze Reihe an Modellen in diesem Suchradius. Hier sind meine drei Favoriten:
Audi 100 C4, wahlweise mit kernigem Fünfzylinder oder seidigem V6
Im Jahr 1990 präsentiert Audi den vierten Audi 100 (genannt C4). Es war die letzte Generation mit der klangvollen 100 im Namen (vor dem Wechsel zum A6). Im Vergleich zum heute schon kultigen, mittlerweile deutlich teureren Vorgänger C3 war das ein Riesenschritt in Richtung Qualität und Fahrkomfort. Ich glaube, dass auch dieses Modell zum Klassiker wird. Es mag aber noch ein paar Jahre dauern, bis ihn der Markt als solchen anerkennt.
Besonders reizvoll sind für Liebhaber (außer dem seltenen und teuren Topmodell S4) drei Motorvarianten: Der kernige, Audi-typische Fünfzylinder mit 133 PS im Audi 100 2.3 und die beiden seidigen, kraftvolleren V6 im Audi 100 2.6 (mit 150 PS) oder im 2.8 (mit 174 PS). Alle drei haben auf ihre Art reizvolle Aggregate und sind (noch) erstaunlich günstig zu haben!
Ein schönes Beispiel aus dem Netz ist dieser Audi 100 2.6 aus erster Hand mit nur gut 70.000 km für 7.900 Euro. Ich behaupte mal: Einen vergleichbaren BMW 520i würde man für das Geld nicht bekommen!
Dieses Angebot ist Stand heute aber beim Audi 100 in guter Gesellschaft: Wer zum Beispiel auf mobile.de nach Audi 100 der frühen 90er als 2.3, 2.6 oder 2.8 sucht, findet eine Reihe an Fahrzeugen mit wenig Kilometern für unter 8.000 Euro:
Ich bin gespannt, wie lange es den Audi 100 noch für diese Preise gibt. Meine Gefühlslage ist eindeutig: In fünf Jahren sieht dieses Preisgefüge anders aus (man schaue sich mal die Preise beim Vorgänger C3 an)!
Der Citroën XM: Futuristisches Design und „das erste Fahrwerk, das vorausdenkt“
Mein zweiter Favorit wurde 1989 vorgestellt und wurde prompt Auto des Jahres 1990. Außerdem war er Modell der Wahl für damalige französische Präsidenten: François Mitterand setzte ebenso wie sein Nachfolger Jacques Chirac auf den Citroën XM.
Zugegebenermaßen bin ich den Citroën XM (anders als meine anderen beiden Favoriten) noch nie selbst gefahren. Eine Probefahrt in einem gut erhaltenen XM mit V6-Motor würde mich aber bis heute sehr reizen. Ich erinnere mich noch gut an seine Vorstellung im Jahr 1989. Futuristisches Design traf innovative, elektronisch gesteuerte Fahrwerkstechnik sowie manch andere technische Speziallösung…
Das technische Highlight des Citroën XM war eindeutig seine sog. „hydractive Federung“. So bezeichnete Citroën die elektronisch gesteuerte, hydraulische Federung, bei der sich Federn und Dämpfer sich automatisch dem Fahrverhalten und dem Straßenzustand anpassen. Sie war serienmäßig für alle XM und wird durch einen Rechner gesteuert, der seine Daten von Sensoren an Lenkrad, Gaspedal, Bremsdruck und vorderen Stabilisatoren erhält. Damit war der XM meines Wissens das erste Serienfahrzeug überhaupt mit einem elektronisch gesteuerten Fahrwerk.
Ich kenne offen gestanden keine Erfahrungswerte , wie sich die hydractive Federung im Alter bewährt. Laut verschiedener Kaufberatungen im Netz scheint es ratsam, Fahrzeuge ab dem Facelift 1994 zu kaufen, wie zum Beispiel AutoBild in ihrer XM-Kaufberatung schreibt. Mit dem Facelift erfolgte nämlich eine gezielte Überarbeitung für größere Zuverlässigkeit. Wer eigene Erfahrungen hat: Gerne in den Kommentaren unter dem Beitrag teilen!
Die Preise sind mehrheitlich noch niedrig, auch wenn „Ausreißer“ für 15.000 Euro angeboten werden. Auf eBay Kleinanzeigen findet sich derzeit zum Beispiel dieser optisch schöne Citroën XM V6 24V Exclusive mit 150.000 km für 6.500 Euro.
Ein Blick in die Inserate offenbart aber auch eine deutlich geringere Auswahl als zuvor beim Audi 100. Es gibt einzelne Angebote; wer mehr will, muss sich in Frankreich umsehen, zum Beispiel auf LeBonCoin.
Der Citroën XM ist in meinen Augen ein unbedingt erhaltenswerter Exot, der ähnlich wie sein Vorgänger CX in Zukunft zu höheren Kursen gehandelt werden dürfte. Und mich würde eine Probefahrt in einem XM V6 wirklich reizen 😊
Mercedes C-Klasse
Mein dritter Favorit innerhalb der Kriterien ist auf deutschen Straßen deutlich vertrauter. Ich kann mich noch gut an die Markteinführung der C-Klasse (W202) im Jahr 1993 erinnern. Damals war ich beeindruckt über den großen Schritt, den Mercedes nach der S-Klasse W140 nun auch mit dem Nachfolger des 190er vollzogen hatte!
Meine Oma hatte sich direkt im Erscheinungsjahr eine C-Klasse als Nachfolger für ihren Mercedes 230 E bestellt, den ich damals – mit 15 Jahren stolz wie Oskar – für sie konfigurieren durfte. Ich war natürlich in allen Details voll im Thema und so wurde es ein C220 Elegance in nautikblau met. mit Stoff blau. Ein C220 mit dem kernigen, kräftigen 150 PS-Vierzylinder wurde es übrigens deswegen, weil meine Oma ihre Erwartungshaltung an den Antrieb wie folgt formulierte: „Beim Überholen auf der Landstraße muss das Auto schnell anziehen, das ist mir aus Sicherheitsgründen wichtig. Und der neue Wagen darf nicht langsamer sein als mein jetziger (ein 230 E, Anm. d. Red.).“)
Das Schicksal wollte es so, dass meine Oma einige Jahre später verstarb und ich den C220 – nach ein paar Jahren Standzeit in der Garage – im Jahr 2003 übernahm. Für mich als Berufseinsteiger war der W202 auch im Alter von 10 Jahren noch ein komfortables, luxuriöses Auto. Ich habe ihn fünf Jahre lang sowohl im Alltag als auch für Urlaubsfahrten kreuz und quer durch Europa sehr gerne genutzt.
Vielleicht wird es dem einen oder anderen noch schwer fallen, den W202 als Klassiker anzuerkennen. Schließlich ist er noch recht regelmäßig auf den Straßen anzutreffen. Immerhin steht er aber dieses Jahr in den Startlöchern für das H-Kennzeichen und war ohne Zweifel ein prägendes Fahrzeug für die Marke Mercedes. Das mit ihm begründete C-Klasse-Konzept hat immerhin bis heute Bestand!
Die Topmodelle C36 AMG und C43 AMG kosten in gutem Zustand mittlerweile gut über 10.000 Euro (wobei auch das in einigen Jahren als Schnäppchen bewertet werden könnte). Gute C220 und C280 sind aber noch günstig zu haben, so wie dieser C220 aus zweiter Hand mit 68.000 km für 6.950 Euro.
Gut erhaltene C280 mit wenig Kilometern sind für 8.000 Euro schon etwas schwieriger zu finden, aber es gibt sie noch vereinzelt. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich das in einigen Jahren anders darstellt!
Welches noch günstige Youngtimer-Modell ist Euer Favorit für unter 8.000 Euro? Ich freue mich auf Eure Beiträge in den Kommentarfeldern unter dem Beitrag!
volvo S80, Lancia Thema, Peugeot 605, Saab 9-5 wären meine Vorschläge
Oh ja, da sind auch ein paar kommende Klassiker dabei. Aus dieser Liste wäre ein Saab 9000 turbo (der dann später 9-5 hieß) mein Favorit! Den 9000 Aero bekommt man ja leider nicht mehr in dieser Preisklasse…
Lieber Michael,
eine klasse Artikel, unterhaltsam und informativ.
Lass mich mal auf den Citroen XM eingehen. Nach dem, was man in der Fachwelt hört, sind die Exemplare nach dem großen Facelift 1994 in der Tat wohl technisch ausgereifter und zuverlässiger.
ABER: Wie schon seine beiden Vorgänger CX und DS büßt der XM nach dem Facelift meiner Meinung nach deutlich an Originalität in der Formsprache ein, insbesondere im Design des Armaturenbrett finde ich die Facelift-Modell banal und unattraktiv gegenüber dem Urmodell. Und das Innenleben ist das, was ich beim Fahren anschauen muss.
Schon beim CX schrieb Auto-Motor-Sport nach dem Facelift (sinngemäß): „Kaum ist der viel beschimpfte Lupentacho weg, vermisst man ihn auch schon“. Stimmt! Und bei der DS wurde das schwungvolle Breitbandtacho-Armaturenbrett letztlich hinwegbanalisiert durch drei Allerwelts-Rundinstrumente. Zumindest von der Optik machen die jeweils ursprünglichen Modell deutlich mehr her.
Kleiner Sidekick: Der BMW i3 ist unter dem Aspekt der Designsprache des Armaturenbretts für mich der moderne Nachfolger der DS. Schwungvolle Linie, kein Mitteltunnel, Lenkradschaltung und in der Mitte eine kleine Ausbuchtung in den Innenraum (in der bei der DS das hintere Ende des Motor stand).
Jetzt noch eine (kurze) Erfahrung aus einer Probefahrt mit einem XM-Urmodell, 2 Liter, Automatic. Es gehört einem recht betagten Bekannten einer Bekannten, der mich einmal damit fahren ließ (und leider meinte, auf dem Beifahrersitz verweilen zu müssen). Ich stieg ein in Erwartung eines fliegenden Teppichs, eines schwebegleichen Fahrerlebnisses. Und ich erlebte eine holprige, rumplige Fahrt mit einem polternden Fahrwerk. Da war entweder alles falsch eingestellt oder die Federkugeln hätten schon längst getauscht werden müssen. Jedenfalls konnte ich diesen Fragen in situ nicht wirklich nachgehen und sehe mit Spannung einer nächsten Fahrt in einem anderem XM entgegen. Irgendetwas muss an dem fliegenden Teppich ja dran sein.
Ein richtig schön geschriebener Artikel, der mich voll abholt…
Eigentlich lese ich immer gerne auf dieser Seite, wenn es speziell um Jaguar Limousinen geht. Ich schätze diese Fahrzeuge sehr, da große Wagen abseits des Mainstreams mich betören. Leider ist mein Respekt ( vielleicht auch etwas Angst ) noch etwas zu groß, als das ich den Schritt zum Kauf gewagt hätte.
Dennoch kann ich nicht an einem Bericht über einen Citroen XM vorübergehen ohne ihn zu kommentieren:
Das Auto meines Lebens?
Die erste Berührung mit dem XM hatte ich im Alter von ca. 12-13 Jahren. Es muss so ´90,´91 gewesen sein.
Ein Prüfer des Finanzamtes checkte den Betrieb meiner Eltern und dieser fuhr in einem Citroen XM vor. Ich war fasziniert. Seit diesem Moment lag´ ich meiner Erzeugerfraktion in den Ohren, so ein Fahrzeug zu erwerben. Bei meinem Vater trug´dieses Früchte und so ereignete es sich, dass im Sommer ´92 ein Jahreswagen dieses Typs in der Garage stand. Ich war seelig.
Es war ein einfacher Y3 2.0 Classic mit 121 PS.
Die Seeligkeit hielt aber nicht lange an. Das Auto war ab 120 zu laut und dröhnig, meiner Mutter missfiel im Stand dieses klacken und auf-und ab regeln der Hydraulik ( was ja das typische war ) und zu allem Überfluss brannte der Wagen ein halbes Jahr später mitten auf einer Schnellstraße ab. Peng.
Da dachte ich, das war´s. Mit Citroen.
Glücklicherweise standen im Januar ´93 einige neue XM auf dem Hof des Citroenhändlers.
Der Marke wurde erfreulicherweise eine neue Chance gegeben und so zog XM Nummer 2 in die heimische Garage ein. Diesmal ein Y3 2.0 Classic als Turbo c.t. Benziner, mit 141 PS. Als besonderes Highlight gab es in dem Auto eine Klimaanlage. Eine ganz neue Erfahrung.
Der Citroen war spitze. 7 Jahre und 100000 Km lief er völlig problemlos. Der Motor hatte einen schönen Turbopunch und war in Fahrleistungen nicht viel schlechter, als der „kleine“ V6 mit 167 PS.
Dieser XM war dann auch das erste Auto, welches ich selber fahren durfte.
Als dann bekannt wurde, dass dieses Model ohne Nachfolger 2000 eingestellt werden sollte, kam XM Nummer 3 in die Familie.
Wieder ein Jahreswagen. Diesmal ein Y4 2,5 l Turbodiesel mit 129 PS und in Exclusive Ausstattung.
Also eigentlich „volle Hütte“.
Der Motor war echt „bullig“ und verbrauchsarm. Leider nicht ganz Vollgasfest. Bin selber einmal damit wegen drohender Überhitzung und geplatztem Kühlerschlauch
gestrandet. Die thermische Belastung blieb aber immer ein Damoklesschwert.
Letztendlich segnete er das Zeitliche durch eine defekte Zylinderkopfdichtung, welche zu einem Motorschaden führte.
Den letzten XM kaufte ich mir 2013 selber. Einen Y4 2.0 SX mit 132 PS. Jetzt schon aus Liebhaberei, und als Winterauto.
Zusammengefasst kann man folgendes sagen:
Das Modell Citroen XM ist an und für sich eigentlich ein
zuverlässiges Auto. Bei regelmäßiger Wartung und Pflege macht auch die Hydropneumatik keine Probleme.
Allerdings darf man an ein solches Fahrzeug nicht mit perfektionistischem Anspruch herangehen. Es hilft, wenn man mit einer französischen nonchalanten Einstellung sich auf diesen Wagen einlässt.
Ja, heute knarzt es mal da. Morgen leuchtet eine Warnlampe auf… was soll´s ? C´est la vie! Übermorgen ist sie wieder aus.
Auch das Fahrwerk ist eher weniger für teutonische Gemüter geeignet. Fliegender Teppich…. mmmh weiß ich nicht. Man „wogt“ dahin. Es ist so ein kommodes gleiten. Für frankophile Menschen einfach herrlich.
XM Nr. 4 ist leider auch nicht mehr bei mir.
Warum?
Die Ersatzteillage. Ich war es leid immer nach Teilen zu suchen. Die Versorgung durch den Hersteller ist mehr als Stiefmütterlich. ( anscheinend generell bei franz. Autobauern ) Es gilt also das Credo: Haben ist besser als brauchen. Was ein gutes Lager also voraussetzt.
Dennoch: Wer Lust und Gusto auf einen Citroen XM hat,
sollte ihn sich gönnen. Es gibt noch einige gute Fahrzeuge, welche ( richtig verstanden ) viel Freude bereiten können.
Ich bitte die Auführlichkeit meines Textes zu entschuldigen, aber der XM lässt mich immer noch nicht unberührt.
Also, ist der XM das Auto meines Lebens ?
Ich Glaube ja…
Das ist ja mal ein Erfahrungsbericht! Vielen Dank dafür, beim Lesen springt der Funke der Begeisterung für den XM vollständig über 🙂