Kaufberatungen für den Mercedes R129 gibt es bereits einige. (Besonders empfehlenswert ist aus meiner Sicht übrigens die des R129 SL-Club, die man für überschaubares Geld hier online beziehen kann.) Aber auch die beste Kaufberatung kann nicht alle Besonderheiten abdecken, die sich in Einzelfällen ereignen. Ich habe in den vergangenen Jahren zwei Mercedes R129 gekauft und – trotz Kaufberatung – in beiden Fällen Überraschungen erlebt, die ich beim Kauf übersehen hatte. Und genau darum geht es in diesem Beitrag…
Beim ersten Kauf handelte es sich um einen schwarzen Mercedes 500 SL aus dem Baujahr 1992, den ich 2019 über eBay Kleinanzeigen im französischen Elsass gekauft hatte. (Hier geht es zum damaligen Blog-Beitrag über den Kauf). Bei ihm führten die beim Kauf unentdeckt gebliebenen Mängel am Ende zum Weiterverkauf des Autos (natürlich unter Angabe der Mängel im Kaufvertrag), aber dazu gleich mehr.
Bei SL Nummer zwei handelt es sich um einen silbernen Mercedes 300 SL-24, ebenfalls mit Baujahr 1992. (Hier geht es zum damaligen Blog-Beitrag über den Kauf). Glücklicherweise hat das Lehrgeld vom ersten R129 gewirkt, hier gab es eigentlich nur noch eine Überraschung, die ich beim Kauf übersehen hatte. Auch dazu in ein paar Minuten mehr…
Welche Überraschungen hatte ich beim Kauf meiner SL also übersehen?
Kommen wir nun also zu den wesentlichen Mängeln, die ich beim Kauf übersehen hatte. Es ist, wie könnte es anders sein, eine Liste mit verflixten sieben Punkten geworden! 🙂
1. Bei der Überführung nach Hause wurde das Kühlwasser nicht heiß genug
Es ist Sonntag, der 3. März 2019 und ich trete im elsässischen Mulhouse die Heimfahrt im soeben gekauften, schwarzen 500 SL an. Der Verkäufer war ein Youngtimer-Liebhaber mit einer ganzen Halle voller alter Autos und die Probefahrt ist gut verlaufen. Nun liegt ein Nachhauseweg von rund 600 km Wegstrecke nach Viersen am Niederrhein vor mir.
Es dauerte rund eine halbe Stunde, bis mir der erste Mangel ins Auge springt: Die Kühlwassertemperatur bleibt zu niedrig. Es ist kühl draußen, aber etwas über 80°C sollte die Nadel auf der Autobahn erreichen. Sie bleibt aber ein gutes Stück darunter.
Die Ursache war in der heimischen Werkstatt schnell gefunden: Das Thermostat war defekt und blieb dauerhaft in der geöffneten Stellung. Das Kühlmittel wurde also permanent durch den großen Kreislauf geschleust und wurde bei den kalten Außentemperaturen nicht richtig warm. Ein neues Thermostat hat das Problem unmittelbar behoben. Kein Drama also.
2. Glücklicherweise gab es für das Zubehör Nachweise und Typgenehmigungen
Punkt zwei war – auch das gibt es ja – eine positive Überraschung. Ich muss dazu erläutern, dass der SL zwar ein Auto mit deutscher Erstauslieferung war, das aber viele Jahre in Frankreich zugelassen war. Deshalb war zurück in Deutschland eine Vollabnahme fällig.
Der Prüfer stellte zielsicher zwei Fragen: Er brauche Zulassungsdokumente für den BRABUS-Auspuff sowie für die AMG-Felgen (die er, fälschlicherweise, ebenfalls als nachgerüstet annahm).
Beides konnte ich schnell aufklären: Für den BRABUS-Auspuff lag glücklicherweise eine Kopie der EG-Typgenehmigung im Ordner mit vielen Unterlagen. Ich erwähne das bei den Überraschungen, weil ich dieses Dokument beim Kauf gar nicht „auf dem Radar“ hatte und nachher umso glücklicher war, dass es dem Fahrzeug beilag.
Zu den Felgen wußte ich, dass es diese damals ab Werk als (sündhaft teure) Sonderausstattung gab. Das musste ich dem Dekra-Prüfer natürlich irgendwie nachweisen.
Hier erwies sich ein Mercedes-Benz VIN Decoder als große Hilfe: Mit der VIN des 500 SL konnte ich alle werksseitig verbauten Sonderausstattungen aufschlüsseln, so auch die AMG-Kompletträder inkl. der zugehörigen Rohbau-Änderung an den Schwellern.
Diese kleine Herausforderung bei der Vollabnahme ließ sich also mit diesen beiden Unterlagen glücklicherweise schnell und einfach lösen.
3. Die Lackierung der Kotflügelschrauben war „verletzt“
Eine Überraschung, die ich bei der Besichtigung ebenso übersehen hatte, waren die Kotflügelschrauben im Motorraum. Werksseitig sind diese in Wagenfarbe lackiert, bei meinem SL waren sie aber auf der linken Fahrzeugseite blank. Damit ist also klar, dass der Kotflügel bereits einmal demontiert war – warum auch immer…
4. Das Auto hat den falschen Kühlergrill
Gleichzeitig habe ich auch erst später festgestellt, dass der Kühlergrill nicht zum Baujahr 1992 passt. Der SL trug nämlich einen Grill mit 6 Lamellen, der aber erst ab der Modellpflege im Jahr 1995 verbaut wurde. Werksseitig hätte der den vorherigen Grill mit 7 Lamellen haben müssen (wie der silberne SL). Auch hier wurde also bereits einmal ein Grill ausgetauscht – warum auch immer…
5. Eine Warnleuchte im Kombiinstrument wurde stillgelegt
Deutlich ärgerlicher als die vorherigen Überraschungen war diese hier: Es brauchte einige Monate, bis mir auffiel, dass bei die gelbe Warnlampe für den Überrollbügel im Kombiinstrument auch bei der zweiten Zündung nicht aufleuchtet. Mit anderen Worten, die Warnlampe dürfte aktiv stillgelegt worden sein, um ein lästiges Aufleuchten zu eliminieren.
Daraus habe ich gelernt: Das Studium der Vollzähligkeit aller Warnlampen in der zweiten Zündung gehört bei einer Probefahrt einfach dazu!
6. Die dreiteiligen AMG-Felgen hatten Haarrisse im Felgenstern
Die letzte Überraschung, die der schwarze SL für mich bereithielt, führte schließlich zum Verkauf. Irgendwann fiel mir auf, dass drei der vier AMG-Felgen feine Haarrisse im Felgenstern hatten, die man auf dem nachfolgenden Foto gut sehen kann. Ich bin damit zu einem Experten für Felgenreparaturen gefahren, der mich wissen ließ, dass dies ein typisches Manko dieses Felgentyps sei. Man könne da nichts machen, und fahren würde er damit auch nur noch vorsichtig…
Angesichts der hohen Kosten, für die diese Felgen mittlerweile gehandelt werden, hat mich das Versäumnis, diesen Mangel bereits bei der Probefahrt entdeckt zu haben, sehr geärgert. Ich habe mich dann entschlossen, den SL weiterzuverkaufen – unter expliziter Angabe dieser Mängel im Kaufvertrag, versteht sich…
7. Hier ist (nicht nur) das falsche Lenkrad verbaut
Eigentlich war ich nach dem Verkauf meines schwarzen 500 SL auf der Suche nach einem BMW Siebener der Baureihe E32, als dieser beeindruckend gut erhaltene 300 SL-24 meinen Weg kreuzte. Nach mittlerweile zwei Jahren mit ihm kann ich berichten, dass er nur mit einer wesentlichen Überraschung nach dem Kauf aufwartete, die nicht gravierend, aber durchaus kurios war.
Mich hat vom Kauf an die Frage beschäftigt, warum dieser 1992er SL das „alte“ Lenkrad trägt, das im R129 nur bis 1991 verbaut wurde. Ich konnte mir darauf keinen rechten Reim machen, bis mir eines Tages eine merkwürdige „Distanzhülse“ auffiel, die unauffällig zwischen Lenksäule und Lenkrad montiert war.
Über den damaligen Zweck dieser Hülse kann ich nur spekulieren. Vermutlich handelt es sich um einen „Steering Wheel Spacer“, mit dem das – in diesem Fall nicht längsverstellbare – Lenkrad näher an den Fahrer rücken sollte. So oder so, ich hatte das Glück, bei eBay Kleinanzeigen ein neues, periodenkorrektes Lenkrad kaufen zu können und habe dieses ohne das Distanzstück montieren lassen. Wer mehr Details über diese Geschichte lesen will, findet sie in meinem Blog-Beitrag.
So hat nun alles seine Ordnung in meinem SL Nummer zwei – bis ich vielleicht eines Tages doch noch eine weitere Überraschung entdecke… 🙂
Welche Überraschungen habt Ihr beim Kauf übersehen und erst nachher entdeckt? Ich freue mich wie immer über Eure Kommentare unterhalb des Beitrags!
Schöner Beitrag & schön gemachte Seite – Kompliment!
Beim „Kauf“ meines R129 hatte ich nichts übersehen können, da ich den Wagen familiär „weitergegeben“ bekommen habe – der Wagen war aber sehr ungepflegt und brauchte dringend etwas Pflege. Die Reifen waren teils aus 2006, und in jeder Ecke hat man alte Bonbons oder ähnliches gefunden 🙂
Jetzt stehen die R129 – üblichen Dinge an, Kabelbaum, Hohlraumversiegelung, und der Motor (m104) verliert wohl irgendwo Öl.
Irgendwann sollte man auch die Verdeckzylinder machen. Dein Wagen hat immerhin einen Tempomat – meiner als Schaltwagen hat das nicht.
Hallo Roman, danke für Deinen Kommentar und das positive Feedback zu meiner Seite! Wenn man einen Klassiker wie Deinen R129 aus der Familie weitergegeben bekommt, ist das aus meiner Sicht besonders schön. Ich denke, man hat dann nochmal eine andere Beziehung zu dem Fahrzeug. Melde Dich gerne, wenn Du mal Lust auf einen Gastbeitrag mit ein paar Fotos von Deinem SL hast 🙂
Viele Grüße, Michael
Hallo Michael,
da hast Du recht. Ich assoziiere dieses Auto auch mit meiner Jugend, weil ich ab 1994 mit 6 immer hinten links saß 😉
Werde mich mal melden, wenn ich diesen Sommer ein paar schöne Fotos habe / gemacht habe, da ich den Wagen erst seit Oktober habe. Für den Blog interessant ist vielleicht der Vergleich zu meinem BMW E85, den ich seit 2018 fahre und den ich bei Wolfgang Weber habe einstellen lassen.
Hallo Roman,
das können wir gerne so machen – ein Vergleich Deines R129 mit dem BMW E85 wäre mal etwas Neues und sehr interessant. Freue mich auf den Sommer und auf Deinen Beitrag 🙂
Viele Grüße, Michael
PS: Hinten links im R129 ist aber auch ein enges Plätzchen – mit 6 Jahren geht das vielleicht gerade noch……