Die Frage ist nicht neu: Da ist ein gut zehn Jahre altes Auto in besonders schönem Zustand. Nicht mehr ganz aktuell, aber noch lange kein Klassiker. Die Gretchenfrage: Wird es mal ein Klassiker? Aktuell trifft diese Frage beispielsweise Autos wie eine Mercedes S-Klasse W221, einen BMW 7er der Reihe E65 oder einen VW Golf VI GTI, etc. Die Liste ließe sich natürlich beliebig fortsetzen.
Werden das mal Klassiker?
Persönlich sehe ich das so: Bei Modellen in der Altersspanne von ca. 15 bis 20 Jahren war oft schwer vorstellbar, dass sie mal zum Klassiker werden. Im Jahr 2010 konnte man zum Beispiel einen BMW 850i (E31), eine Mercedes S-Klasse (W140) oder einen VW Corrado für weniger als die Hälfte vom heute üblichen Marktpreis erstehen. Es scheint doch ganz oft so zu sein, dass sich Wahrnehmung und Markt deutlich ändern, wenn eine Baureihe das Alter von 25 bis 30 Jahren erreicht. Modelle, die vormals noch profan erschienen, werden in dieser Phase allmählich zu gesuchten Klassikern, für die auch wieder höhere Preise bezahlt werden.
Aus meiner Sicht erleben wir das auch gerade beim Jaguar X300 und X308: Ich habe selbst vor 10 Jahren einen guten Jaguar Daimler V8 aus erster Hand für 10.000 Euro gekauft. Das dürfte Stand heute sehr schweren, denn das Preisniveau hat sich gerade in den letzten Jahren einen guten Schritt weiterentwickelt…
Sollen wir unseren AMG A45 AMG 4MATIC verkaufen?
An alle diese Überlegungen habe ich mich erinnert, als wir am vergangenen Wochenende beschlossen haben, das Auto meiner Mutter zu verkaufen. Sie wurde in dieser Woche 77 Jahre alt und hat sich aus eigenen Stücken entschieden, das Autofahren aufzugeben.
Ihr Auto? Ein Mercedes A45 AMG 4MATIC aus dem Jahr 2013, den sie 2014 als Vorführwagen gekauft hatte. Der AMG war damals ein Spontankauf, weil ihr seine Optik so gut gefallen hatte. Leider stellte sich schnell heraus, dass das brettharte Fahrwerk und der raue Auspuffsound ihr wenig Freude bereiteten. Da war ihr Vorgänger (ein Mercedes CLK 240 Cabriolét) das passendere Auto. Und die Tatsache, dass der A45 mit seinem turbogeladenen Vierzylinder beeindruckende 360 PS produziert, hatte meine Mutter ohnehin nie interessiert. So kam es, dass der AMG neun Jahre bei meiner Mutter primär in der Garage verbrachte und heute, im Alter von 10 Jahren, erst 18.000 km gelaufen hat.
So hatte der AMG als kaum sinnvoller Spontankauf von Beginn an einen schweren Stand in der Familie. Mir hat er aber auf eine gewisse Weise dennoch gefallen. Er ist optisch gefällig und machte mir mit seinem sportlichen Antriebsstrang beim Fahren schlichtweg Spaß. Deswegen füge ich hier noch eine Galerie mit ein paar Bildern ein:
Wird so ein A45 AMG zukünftig ein gefragter Klassiker? Ich glaube ja, das könnte in 15 bis 20 Jahren sehr gut der Fall sein; ähnlich wie zum Beispiel heute beim Mercedes 190 E 2,5-16 oder auch allmählich beim C36 AMG (die beide im Alter von 10 bis 15 Jahren nur bedingt gefragt waren).
Würde es sich deshalb lohnen, das Auto zu halten und aufzubewahren? Sicherlich nicht, denn für die nächsten 10 Jahre gehe ich von einem weiter fallenden Marktwert aus (bei zusätzlich laufenden Unterhaltskosten, natürlich).
Dazu kommt – bei einem Klassiker vielleicht entscheidender als die Ratio – die Emotio: Ich mochte den A45 AMG zwar, aber er ist für mich kein „Traumauto“. Der Verkauf dürfte also insgesamt die richtige Entscheidung sein.
Der Verkauf
Ich habe unseren AMG also am vergangenen Sonntagvormittag bei mobile.de inseriert. Die Preisfindung für das Inserat war insofern etwas schwieriger, als dass es in ganz Deutschland kein zweites Modell mit einer so geringen Laufleistung gab. Vergleichbare Inserate lagen zwischen ca. 23.000 Euro (mit 130.000 km) und rund 32.000 Euro (50.000 km). Ich habe mich für einen Angebotspreis von 33.900 Euro entschieden, um der niedrigen Laufleistung und dem scheckheftgepflegten, mängelfreien Zustand gerecht zu werden. (Senken kann man den Preis schließlich jederzeit, steigern nicht mehr.)
Jetzt war ich natürlich gespannt, wie viele Tage oder Wochen es dauern würde, bis dieser (doch recht spezielle) Topf seinen Deckel am Markt finden würde.
Es sollte nicht lange dauern: Gegen 18 Uhr am Sonntag telefonierte ich mit einem Herrn aus Gelsenkirchen, der den AMG gerne kurzfristig besichtigen wollte. Sein Plan bestand darin, das Auto seiner Tochter noch in derselben Woche zum 18. Geburtstag zu schenken. Das Telefonat dauerte nicht länger als 5 Minuten und wir hatten uns für 19:30 Uhr zur Besichtigung des Autos verabredet. Die Begutachtung des Autos dauerte wiederum eine gute halbe Stunde, dasselbe gilt für die anschließende Preisverhandlung. Er taxierte den Wert auf 28.000 Euro; ich bestand auf der 3 vorne; geeinigt haben wir uns auf 30.000 Euro. Weniger als 12 Stunden nach Erstellung des Inserats war der kleine AMG verkauft – damit hatte ich nicht gerechnet!
Mein Fazit der Geschichte dürfte nahezu jeder Autofan schon erlebt haben: Manchmal ist es richtig, ein Fahrzeug zu verkaufen, auch wenn das dumpfe Gefühl verbleibt, dass dieses Auto eines Tages viel gefragter sein könnte als heute. Man kann schließlich nicht alle Autos zur Verwahrung einlagern. Und so muss ich beim A45 AMG damit leben, dass wir diese Woche ein Auto verkauft haben, dass vielleicht in 15 Jahren mal zum gefragten Liebhaberobjekt werden könnte 🙂
Hallo Michael , irgendwann wird jeder Mercedes ein Klassiker , sogar mein S 210 oder die 1. Serie der A Klasse . Und wenn die 3 Großbuchstaben AMG auf dem Mercedes stehen , sowieso . Ich persönlich finde das Aussehen der heutigen PKW fürchterlich , weil vom Design her alle austauschbar . Ihr AMG könnte auch ein Ford Focus oder ein Seat sein . Aber ich denke , dass dieses Design wahrscheinlich in 20 oder 25 Jahren Anklang finden wird .
Freundliche Grüße Gero Koller